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14.2 Traditionelle Psychologie
Im Gegensatz zur Kritischen Psychologie vertritt die traditionelle Psychologie, v.a. in ihrer experimentell-statistischen Ausprägung, ein anderes Empirie-Konzept (vgl. Abb. 31). Auf Grundlage von Theorien und Definitionen formuliert sie bestimmte Zusammenhangsannahmen, die sie mittels — vorgeblich »neutraler« — Methoden experimentell untersucht. Sie selbst wähnt sich damit außerhalb des zu untersuchenden Forschungsgegenstands und der ihn betreffenden Lebenswelt.
Diese empirisch-experimentelle Anordnung hat die traditionelle Psychologie den Naturwissenschaften entliehen. Sie operationalisiert damit ein Variablen-Schema, nach dem ein als Funktion formulierter Zusammenhang zwischen unabhängigen und durch sie erzeugten abhängigen Variablen besteht, der im Experiment getestet wird. Dabei ist unerheblich, ob der funktionale Zusammenhang behavioristisch als Reiz-Reaktion oder kognitivistisch als Input-Output (Eingabe-Ausgabe) gefasst wird. Es handelt sich stets um einen deterministischen Zusammenhang von Bedingungen (Reiz, Input), die als Ursachen eine Wirkung, das Verhalten (Reaktion, Output), erzeugen.
Mittels experimenteller Anordnung und statistischen Verfahren werden ggf. störende Einflüsse ausgeblendet, das Ergebnis vereindeutigt und auf diese Weise die messtheoretischen Gütekriterien der Objektivität, Reliabilität und Validität erfüllt. Es wird angenommen, dass mit den messtheoretischen Gütekriterien gleichzeitig die psychodiagnostische Aussagekraft gegeben ist. Das ist jedoch nicht der Fall. Die Gütekriterien zielen nur auf den Zusammenhang von Experiment und gewonnenen Daten, ein Schluss auf eine psychodiagnostische Aussage ist nicht zulässig.
Die variablen-schematisch formulierten und experimentell-statistisch durchgeführten Untersuchungen besitzen »echte wissenschaftliche Rationalität« (528), doch worauf bezieht sich diese? Sie kann sich nicht auf die psychischen Aspekte menschlicher Aktivitäten beziehen, denn dazu werden zu viele menschlich-spezifische Dimensionen durch die Anordnung wegabstrahiert:
- die Subjektivität und der Standpunkt erster Person
- die Intersubjektivität und soziale Selbstverständigung
- die Möglichkeit, sich bewusst zu den Bedingungen zu verhalten
- die Qualität gesellschaftlicher Kooperation und die individuelle Teilhabe daran
- die kapitalistische Infrastruktur in der jeweiligen Lebenslage/Position usw.
Stattdessen haben Zusammenhangsaussagen über den Menschen »den Charakter einer abstrakt-unhistorischen Allgemeinheit: ›Menschen‹ bzw. ›Organismen‹ überhaupt verhalten sich unter den und den Bedingungen so und so« (43):
»Die ›Bedingungen‹ erscheinen dabei prinzipiell als (durch den Forscher) gesetzt und das Individuum als unter den so fremdgesetzten Bedingungen handelnd. (…) Man kann hier die Planung/Auswertung von Untersuchungen gemäß den geschilderten immanent bestimmten Exaktheitskriterien gar nicht anders realisieren als dadurch, daß man die Versuchspersonen nach den daraus sich ergebenden Verfahrensregeln ›unter Bedingungen‹ (›Treatments‹) stellt und ihre dadurch bedingten Aktivitäten registriert.« (529)
Holzkamp kommt zu dem Schluss, dass dem experimentell-statistischen Verfahren »nicht primär ideologische Beschränktheit, sondern wissenschaftliches Erkenntnisinteresse … zugrundeliegt, aber ein Erkenntnisinteresse, das sich aufgrund der Struktur dieses Verfahrens im Resultat selbst widerspricht« (528). Mögliche Ursachen dieses immanenten Widerspruchs werden im nächsten Kapitel diskutiert.
Das Fremdsetzen der Bedingungen vom Standpunkt außerhalb im experimentellen Setting entspricht strukturell den Bedingungen der Entfremdung in der kapitalistischen Gesellschaft. Die traditionelle Psychologie sei wegen der »Identität des wissenschaftlichen Standpunkts mit dem Standpunkt der ›Kontrollierenden‹ gegen die ›Kontrollierten‹« daher »mit struktureller Notwendigkeit« (530) parteilich. Holzkamp warnt allerdings vor einer einfachen Umkehrung:
»Die geschilderte strukturelle Parteilichkeit der Variablenpsychologie ist auch dadurch nicht zu neutralisieren, daß man sie … – aufgrund des nicht voll überwundenen Missverständnisses von wissenschaftlichen Methoden als ›neutralen‹ Instrumenten, die jedem Interesse dienen können – radikal in den Dienst fortschrittlicher Zielsetzungen und Fragestellungen nehmen will.«
Holzkamp schließt, dass sich die traditionelle Psychologie als Kontrollwissenschaft mit der »Universalisierung des ›Standpunkts außerhalb‹, damit der Abhängigkeit der Menschen von fremdgesetzten Bedingungen« und die »›subjektwissenschaftlichen‹ Verfahren vom Standpunkt des Subjekts bzw. der Intersubjektivität … konträr gegenüberstehen« (532).
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[…] Wege erreicht werden kann ohne die Subjektivität verfahrenstechnisch auszuschließen (vgl. Kap. 14.2), wie dann? Anders gefragt: Wie kann Subjektivität objektiviert […]
[…] die Aufgabenstellung der universalistischen Konzeption der traditionellen Psychologie (vgl. Kap. 14.2) […]
[…] zu befinden und ihren Gegenstand, die psychische Lebenstätigkeit, unparteiisch untersuchen (vgl. Kap. 14.2). Tatsächlich ist in den verwendeten Konzepten, Theorien oder Definitionen und somit auch der […]
[…] Seine Subjektivität wird durch die experimentell-statistischen Verfahren eliminiert (vgl. Kap. 14.2). Subjektivistische Zugänge hingegen isolieren die Seite der Bedingungen und verlagern die […]