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5.1 Sach- und Sozialintentionalität
Die neuen Fähigkeiten der Herrichtung und Benutzung von Mitteln führen zu einer neuen kognitiven Qualität beim autarken Lernen (vgl. Kapitel 4.3): Aus dem Erfassen von sachlichen und zeitlichen Relationen wird nun das Herstellen sachlicher Zusammenhänge und zukünftiger Ereignisse. Die mit Sachintentionalität bezeichnete neue Stufe des autarken Lernens ermöglicht ein neues Maß an sachlicher Umweltkontrolle, wobei der Kontrollbedarf beim autarken Lernen die wesentliche Bedarfsgrundlage darstellt. Das
»probierende Manipulieren mit ›Mitteln‹ (erlangt) die Funktion der Erschließung von neuen Verweisungszusammenhängen, also ›gelernten Orientierungsbedeutungen‹ der Gegenstände« (166)
Das Lernen von Orientierungsbedeutungen durch aktives Eingreifen in die Umwelt und veräußerlichen des inneren Probierens an den manipulierten Objekten sowie die Beobachtung der dadurch hervorgerufenen Effekte ist eine Vorform des »Denkens am Objekt«, es ist aber noch kein Denken im menschlichen Sinne. Die entsprechenden Aktivitäten werden emotional vermittelnd »automatisch« gesteuert und besitzen eine eigene Wertigkeit bei der Befriedigung des Bedarfs nach Umweltkontrolle.
Neben der Sachintentionalität bildet sich ebenso eine auf die Mitglieder der Gesellungseinheit gerichtete Sozialintentionalität heraus. In den größer gewordenen Sozialverbänden kommt es zu
»einer Form von gelernter sozialer Funktionsteilung, in welcher verschiedene Mitglieder der Sozietät jeweils nur Teile einer mehrgliedrigen Aktivitätssequenz übernehmen, sodaß das biologisch relevante Gesamtziel nur über die kollektive Realisierung der einzelnen Teilziele erreicht werden kann.« (169)
Die Artgenossen setzen sich wechelseitig als Werkzeuge für die Erreichung von bestimmten antizipierten Zwecken ein. Solche Formen des sozialen Werkzeuggebrauchs, funktionsteiliger sozialer Koordination und reziproker Intentionalität können einen komplexen Charakter annehmen. Berühmt geworden ist das Jäger-Treiber-Beispiel von Leontjew (1973):
»Bei einer Form von gemeinsamer Jagd, bei welcher ›Treiber‹ das Wild aufscheuchen, damit es vom ›Jäger‹ erbeutet werden kann, übernimmt der ›Treiber‹ eine Teilaktivität, die nur im Gesamt der überindividuell organisierten Jagd ihre Funktion hat, wobei … der Treiber seine Teilfunktion in Antizipation des Umstandes übernimmt, daß er später am Verzehr der vom Jäger erlangten Beute teilhaben wird.« (169)
Der Bedarf nach Umweltkontrolle richtet sich nun nicht nur auf die individuell beeinflussbaren sachlichen Umweltbedingungen und auch nicht nur auf einzelne Artgenossen, sondern der individuelle Bedarf kann erst befriedigt werden, wenn eine kollektive Kontrolle auf Basis der Umsetzung der überindividuell koordinierten Aktivitätssequenzen erreicht werden konnte.
Mit der Sozialkoordination entsteht auf Seiten des Individuums eine soziale Motivation, deren emotionalen Vorausahnungen (Antizipationen) die individuellen Aktivitäten nun insoweit bewerten, wie sie ein Beitrag zum kollektiven Erfolg darstellen. Nur über den kollektiven Erfolg der sozial koordinierten Aktivitäten kann auch die individuelle primäre Bedarfsbefriedigung (Teilhabe an der Beute etc.) erreicht werden.
Der komplexe Zusammenhang zwischen eigenem Betrag und kollektivem Erfolg setzt keineswegs eine Art »denkender Einsicht« voraus. Die emotional vermittelte automatische Steuerung erfolgt über die soziale Motivation, die sich zunehmend verselbstständigt. Damit sind primäre Bedarfsspannungen (»Hunger«) immer weniger Voraussetzung für die kollektiven Aktivitäten. Die Verselbstständigung der sozialen Motivation hat die biotische Funktion, bereits im Vorfeld das mögliche Auftreten von Bedarfsspannungen vorsorgend zu verhindern.
Das individuelle Auftreten von kritischen Bedarfszuständen wird nun umgekehrt
»zum Anzeichen von Mängeln der kollektiven Organisation der Lebensgewinnung, sodaß sich die Motivation des Einzelnen darauf richten muß, die Vermeidung der eigenen Lebensbedrohung als seinen Beitrag zur kollektiven Organisation der ›primären‹ Befriedigung anzustreben. (172)
Weiter geht's: 5.2 Zweck-Mittel-Umkehrung
[…] schließen an das Kapitel 5.1 an, das mit der Ausbildung von Sach- und Sozialintentionalität, Sozialkoordination und […]
[…] der Stufe der Sozialkoordination und Sozialintentionalität (Kap. 5.1), also noch vor dem Funktionswechsel der Zweck-Mittel-Umkehrung (Kap. 5.2), beziehen sich die […]
[…] vor dem Funktionswechsel auf der Ebene der Sach- und Sozialintentionalität wie sie bereits in Kapitel 5.1 dargestellt wurden, werden als Sozialkoordination bezeichnet, solche zwischen Funktions- und […]
Ein Fall von sozialem Werkzeuggebrauch 😉
[…] vor dem Funktionswechsel auf der Ebene der Sach- und Sozialintentionalität wie sie bereits in Kapitel 5.1 dargestellt wurden, werden als Sozialkoordination bezeichnet, solche zwischen Funktions- und […]